GESCHICHTE DER
PSYCHOPHYSIOGNOMIE
Der in Heinde bei Hildesheim geborene Carl Huter (1861-1912) beschreibt in seinen Veröffentlichungen die Zusammenhänge zwischen Mimik, Charakter, Erscheinungsbild, Falten, Lebenswandel und der daraus entstehenden Kenntnis über die Persönlichkeit und den Gesundheitszustand eines Menschen.
Sein in fünf Bänden zusammengefasstes Hauptwerk heisst 'Menschenkenntnis, Körperformen und Gesichtsausdruckskunde‘.
Er verknüpfte seine Beobachtungen mit naturwissenschaftlichen Grundlagen aus der Zellforschung und erbrachte den Nachweis, dass die Körperformen und die über den Körper hinauswirkenden Kraftpotentiale in Zusammenhang mit dem seelischen und geistigen Ausdruck stehen.
Aktuell gelten die Forschungen des amerikanischen Psychologen
Dr. Paul Ekman (geb. 1934) als Bahnbrechend.
Seine Arbeiten widmen sich vorrangig den Bewegungen der Gesichtsmuskeln und deren Entsprechung und Bedeutung.
Die Hintergründe der Psycho-Physiognomie
Ihre Wurzeln gehen sehr weit zurück.
Eines der ältesten Bücher über menschliche Wesenskunde ist das 'Puggala Paññatti‘ aus dem buddhistischen Schrifttum, es ist auf ca. 300 v. Chr. datiert.
Das mitunter heute noch von der Medizin genutzte Wissen ‘Facies Hippocratica‘ findet man in den Notizen eines der bekanntesten Ärzte der Antike: Hippokrates von Kos (460-370 v. Chr.).
Auch Konfuzius (551-479 v. Chr.) hat sich mit ähnlichem Wissen beschäftigt, denn von ihm stammt der Satz:
› Jeder Erwachsene ist verantwortlich für seine Erscheinung ‹
Auch Aristoteles (384-322 v. Chr.) beschreibt in einem seiner Werke (,Physiognomica‘ )den Zusammenhang des Charakters und der äußeren Erscheinung des Menschen, dieses ist bis dato die älteste systematische Abhandlung der Physiognomik.
Viele dieser jahrtausendealten Forschungen fanden ihren Weg über die Griechen bis hin zu den Römern und stießen dort auf Ablehnung seitens der Kirche.
Die Inquisition brandmarkte die Kenntnisse als Wahrsagerei und Teufelei, was zum gewaltsamen Tod zahlreicher Heilkundiger führte.
Trotz Skepsis und Anfeindung wurde auch in unserem Kulturkreis die Kunst der Psycho-Physiognomie bewahrt und weiterentwickelt:
Der Schweizer Arzt Paracelsus (Phillippus von Hohenheim 1493-1541) war sich sicher, dass alles, was sich im Inneren des Menschen abspielt, auch im Aussen sichtbar ist, und dass das Erscheinungsbild des Menschen im direkten Zusammenhang mit seinem Seelenheil steht.
Und der neapolitanische Arzt Giambattista (Giovan Battista della Porta 1535-1615) war einer der ersten Naturwissenschaftler, der 1586 mit ,De humana physiognomia‘ einen wichtigen Grundstein für die Entwicklung der Psychophysiognomie legte.
Der Philosoph Johann Caspar Lavatar (1741-1801) sorgte zwei Jahrhunderte später mit der Veröffentlichung ,Physiognomische Fragmente zur Beförderung der Menschenkenntnis und Menschenliebe‘ für Aufsehen.
Auch der schottische Anatom Sir Charles Bell (1774-1842), der italienische Neurologe Paolo Mantegazza (1831-1910) und der Franzose Guillaume B. Duchenne de Boulogne (1806-1875) trieben ähnliche Forschungen entscheidend voran.
Christof Wilhelm Hufeland (1762-1836), Direktor der Berliner Charité und Leibarzt des preußischen Königs Friedrich Wilhelm III, beschrieb den Zusammenhang zwischen dem Gesundheitszustand seiner Patienten und deren Gesichtsausdruck.
Dr. Wilhelm Heinrich Schüßler (1821-1898) nutze die Physiognomie: er beobachtete, dass sich der Mineralstoff-Bedarf eines Menschen in dessen Gesicht widerspiegelt. Auf diesen Erkenntnissen begründete er seine eigene Form der Therapie.